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Ironie? Nein, danke!

Die norwegische evangelische Kirche versucht mal wieder die Menschen in der Vorweihnachtszeit zum Reflektieren anzuhalten und das ist in dem reichen Land Norwegen gar nicht so verkehrt. Für Weihnachtsgeschenke werden hier wirklich große Summen ausgegeben. Darüber gibt es reichlich Statistiken und die klingen nicht besonders erfreulich. Im Dezember erwarten die Geschäfte Oslos Umsätze in Höhe von 11.000 Kronen pro Einwohner. Umfragen ergaben, dass die ca. 1,25 Millionen ‚Kinder‘ (bis 19 Jahre) Norwegens in diesem Jahr mit Geschenken in Höhe von 11 Milliarden Kronen rechnen können. Umgerechnet also ca. 1.000 Euro pro Kind.
Gegen diesen Konsum hatte es die Kirche, trotz eine Mitgliedszahl die zwischen 70 und 80 Prozent der Einwohner Norwegens liegt, schwer, die Aufmerksamkeit auf das eigentliche Fest zu lenken.
In diesem Jahr ist dies gelungen. Der Kirkerådet ließ von einer Werbeagentur einen Adventskalender entwickeln, der unter www.perfektjul.no manchmal zu erreichen ist. Zur Zeit ist die Seite gelegentlich offline wegen der großen Nachfrage. Der Kalender ist voll von Ironie. So bekommen Eltern Tipps beim Gestalten des Adventskalenders:
„… Es ist nicht notwendig den Kalender an einem Band an die Wand zu hängen. Es geht auch gut die Pakete schön auf dem Fußboden anzuordnen. Am besten gleich neben dem Ofen, da hat man gleich ein passendes Motiv für die Fotos, die man auf den sozialen Medien verbreiten kann. …
Du kannst die Zeit vielleicht auch nutzen, zu sehen ob Deine Kinder klüger als die des Nachbarn sind. Gib ihnen ein Schach spiel (ist zur Zeit sehr aktuell), so kannst Du gleich prüfen, ob in dem Bereich Karrieremöglichkeiten bestehen. Mindestens ein Kalendergeschenk sollte etwas großes sein. Zum Beispiel eine Reise in eine europäische Großstadt oder die Fahrt mit einer Limousine zum Weihnachtsball in der Schule. Mit solchen Gaben zeigst Du Deinen Kindern, dass Du wirklich für sie sorgst.“

Ironie ist ja bekanntlich nicht jedermanns Sache und so landete der Kirchenkalender bzw. die Kirche auf den Titelseiten aller großen Zeilen. Die Ablehnung ist dabei innerhalb der Kirche mindestens genauso groß wie außerhalb. Ich habe gerade einen Leserbrief von zwei Pastorinnen gelesen und bin aber nicht so recht schlau daraus geworden, was sie nun konkret an diese Kampagne ablehnen. Aber sie lehnen sie ab, das war immerhin deutlich.

Das ist hier nur ein kleiner Ausschnitt. Die Kritik richtet sich unter anderem auch gegen das Vermischen von kirchlichen (nicht ironischen) mit ironischen Inhalten. Der Gebrauch von Ironie birgt immer die Gefahr in sich falsch verstanden zu werden und auch selbst über das Ziel hinaus zu schießen. Letzteres ist möglicherweise auf perfektjul.no auch passiert.
Wie auch immer: Ich finde, dass die Kirche hier Mut zu neuen Wegen bewiesen hat (ohne dabei ihre Wurzeln zu verlassen) und dafür mit reichlich Aufmerksamkeit (auch wenn 75 % davon negativ ist) belohnt wird. Wenn es jetzt noch gelingt die Diskussion von der Form der Kampagne auf die Inhalte zu lenken, wäre der Kalender gelungen.